Push The Sky Away - Die wundersame Wandlung des Nick Cave
In den späten
70er Jahren spielte der Mann mit seiner Band „Birthday Party“ heroinbefeuerte
Lieder durch ein rostiges Sieb aus Rock n`Roll und Punk. Dreckige, zornige, und
letztlich unhörbare Songs, welche in keiner Weise das Talent des Musikers
erahnen ließen. Die Band zerbrach nach einigen Jahren – natürlich. Cave
sammelte die Überlebenden ein, nannte seine Mitmusiker fortan „The Bad Seeds“
und veröffentlichte 1984 das erste Album. „From her to Eternity“. Klingt
nach Schmerz, Verzweiflung, Wut und Depression. Den Titelsong spielt Cave immer
noch verlässlich bei Konzerten. Es folgten weitere Alben und Singles, mit welchen
hauptsächlich die „Düstermusikhörer“ ihre Depressionen fütterten. Cave wütete
mit seinen Texten und die Bad Seeds flankierten mit gnadenlosen „Gothik-Punk-Rock“.
Der Welt war dunkelgrau.
Der erste
Schritt der Wandlung geschah Ende der 80er Jahre. Cave begann Melodien zu
entwerfen und schraubte das Tempo zurück. „The Mercy Seat“ (1988), „The
Wheeping Song“ und „The Ship Song“ (1990) sind umwerfende musikalische
Manifeste.
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Nick Cave & The Bad Seeds - The Ship Song - YouTube
Cave
entdeckte einen Lichtschimmer in seiner dunkelschwarzen Welt und komponierte
Balladen, die auch im Radio gespielt wurden. Nach Mitternacht, aber dennoch. Anfang
der 90er lebte Er auch einige Zeit in Brasilien was mit auch ein Grund für mehr
Licht in den Liedern sein mag. Cave lieferte von nun an verlässlich im Zweijahres
Rhythmus neue Platten und Tourneen. Ein erster Hit und auch eine Überraschung
war für viele das Duett mit Kylie Minouge. „Where The Wild Roses Grow“
avancierte zum Hit. Vor allem in einer Zeit vor Youtube lief das Video in
Dauerschleife auf MTV. Da das Video hinreichend bekannt ist gibt es an dieser
Stelle einen fantastischen Live-Auftritt.
Das
nachfolgende Album „Murder Ballads“ wurde dem Titel gerecht und ist ungemütlich und düster. 1997 folgte der musikalische Ritterschlag. „The
Boatsman Call“, lieferte ausschließlich Balladen in einer Schönheit und
Tiefe, die wohl niemand dem Australier zugetraut hat. Cave schien zum ersten
Mal seine Dämonen im Griff zu haben und betrat endgültig den Club der großen Singer und
Songwriter. Bob Dylan, Paul Simon, Van Morrison, Leonard Cohen und all die anderen. Nick Cave gehörte von nun an dazu.
2015
veränderte ein weiteres Ereignis das Leben und auch die Musik des Australiers.
Einer seiner beiden Zwillingssöhne hatte mit 15 Jahren einen tödlichen Unfall.
Cave startete kurz darauf ein einzigartiges Internetforum in welchem Er persönlich
auf die Fragen seiner Fans eingeht. Jeder kann online Fragen stellen. Für Cave
ein Teil seiner Trauerarbeit, für seine Fans eine Offenbarung. Der Musiker
beantwortete bereits über 200 Fragen.
Seine
Antworten sind humorvoll, geistreich und zeugen von außergewöhnlichen
Reflektionsfähigkeit und Empathie.
Noch überraschender gestalteten sich mittlerweile die Konzerte. Cave agierte früher auf der Bühne professional, leidenschaftlich und dennoch distanziert. Seit dem tragischen Unglück seines Sohnes sucht der Musiker das Bad in der Menge. Die Konzerte gleichen mittlerweile Messen. Cave kommuniziert mit dem Publikum, wirft sich in die Menge, schüttelt Hände und läuft unentwegt von einem Ende der Bühne zum anderen. Als gelte es jeden Fan einzeln zu umarmen. Auch geschehen und gesehen am 5. August auf der Burg Clam. Nick Cave lieferte mit seinen „Bad Seeds“ ein fantastisches Konzert und spielte eine tolle Mischung aus neuen Titeln und Klassikern.
Dennoch dürfen an dieser Stelle zwei Kritikpunkte aufgeworfen werden. Das Finale entpuppte sich als eine Spur zu esoterisch. Das Publikum minutenlang das Mantra „Hanna Montana“ singen zu lassen, war dann doch Einigen zu schräg. Noch peinlicher war jedoch der grässliche und matschige Sound. Ein Ärgernis, dass erstaunlicherweise in den Printmedien nicht erwähnt wurde. Sei es die Kleine Zeitung, die oberösterreichischen Nachrichten, die Tiroler Tageszeitung oder Die Salzburger Tageszeitung. Alle lobten brav das Konzert, ohne den Soundmatsch zu erwähnen.
Entweder waren
die Damen und Herren Journalisten nicht vor Ort und haben voneinander
abgeschrieben oder die V.I.P.-Betreuung war seitens des Veranstalters so
exklusiv, dass man schlicht darauf vergessen hat, das Soundärgernis zu erwähnen.
Ich ersuche um Aufklärung.
Dennoch
konnte selbst der miese Sound die Lieder nicht zerstören. Somit endet dieser Beitrag
mit dem besten Lied des Herrn Cave - allein am Klavier.
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Nick Cave - "Into My Arms" - Live at Town Hall NYC - YouTube
Andi Bauer
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