Sunday Morning....Filmkritik: TENET
TENET………oder, doch lieber….OTTO?
Da man „Otto“ auch von hinten lesen kann, wäre der deutsche Komiker ein idealer Kandidat, eine Parodie auf den aktuellen Science-Fiction-Action-Zeitreise-Thriller Tenet zu machen. Die Aufgabe bietet sich auch deswegen an, dass dem Film jeglicher Humor fehlt.
Christopher
Nolan ist unbestritten der innovativste und kreativste Blockbuster-Regisseur
der letzten 20 Jahre. Batman Begins ist möglicherweise die beste
Comic-Verfilmung überhaupt. Mit diesem Film ist es nämlich gelungen, Comic im Realismus zu verankern und somit für
Nicht-Comic-Leser zu öffnen. Inception ist ein klug verschachtelter, visuell
umwerfender Actionthriller mit tiefgründigen Charakteren. Interstellar
hat Zeit und Raum gebogen und trotz des komplexen Plots ein großes Publikum
erreicht. The Prestige, Nolans bester Film, verschachtelt den Zweikampf
zweier Zauberkünstler mit Energiegewinnung, Tesla und einer superben
Charakterstudio über Ehrgeiz und Eitelkeit.
Nolan war
als Regisseur so erfolgreich, dass sein Heim-Studio „Warner“ ihm für die
Verfilmung neuer Ideen ungefragt 200 Millionen Dollar Budget überlässt – ein Alleinstellungsmerkmal
in Hollywood. Gehen doch die großen Studios seit 20 Jahren auf Nummer Sicher. Finanziert
werden Großproduktionen, wenn sie entweder eine bekannte Marke sind, eine Fortsetzung
darstellen oder auf einen Comic basieren.
Tenet ist jetzt mit sechswöchiger
Verspätung gestartet und könnte gerade wegen des „Covid-Shut-downs“
ein Erfolg werden. Alle großen Filme, welche eine Konkurrenz darstellten,
wurden verschoben. Jetzt hat Tenet den Kinomarkt nahezu für sich allein.
Es darf allerdings
angezweifelt werden, ob sich der Film in einem vollen und gesunden Kino-Markt
durchgesetzt hätte. Denn mit Tenet hat sich Christopher Nolan verhoben.
Das
komplizierte Zeitreise-Konzept wirkt aufgesetzt und konstruiert und
verschleiert, dass die eigentliche Geschichte schwach und sehr dünn ist. Nolan
hat (endlich) seinen Bond-Film gemacht. Ein namenloser Agent, begleitet von
diversen (mysteriösen) Helfern, jettet um die Welt, um einen Mega-Bösewicht
– welcher sich meistens auf seiner Yacht aufhält – aufzuhalten, die Welt zu
vernichten. Zwischen den Beiden steht eine Frau, die nicht viel zu tun hat, außer
zu leiden.
Das gab es
bereits beim ersten Bond, Dr. No von 1962, und wurde schon damals besser
erzählt – mit einer viel stärkeren Frauenrolle. Dass die Geschichte mit
verschiedenen zeitlichen Abläufen – auch aus unterschiedlichen Richtungen – erzählt
wird, ist ambitioniert und auch interessant. Alle Film-Journalisten schreiben
DARÜBER. Dennoch, das ist viel zu kompliziert und mühsam dargestellt. Es ist für
den Zuseher im Laufe des 150-minütigem Films unmöglich, der Handlung zu folgen.
Das ist frustrierend und leidlich unterhaltsam. Zugegeben, die Ideen der
Zeitreise/Inversion ist interessant, aber viel zu verschwurbelt und unnötig verschachtelt
dargestellt.
Noch
schlimmer ist das schwache Drehbuch. Die Dialoge sind simpel und ohne Witz oder
Esprit, der Protagonist schwach und ohne Profil. Ohne Hintergrund und ohne erkennbare Motivation
riskiert der Mann laufend sein Leben. (James Bond ist zumindest ein Patriot).
Der Protagonist ist ein namenloser Held
ohne Geschichte. Dieser Mangel wird zwar am Ende des Films durch einen kleinen
Twist erklärt. Nur das reicht nicht: Ein Held, der dem Zuseher egal ist,
funktioniert nicht.
Einzig Robert
Pattison ist die große positive Überraschung. Der Darsteller hat sich endgültig
von seiner Vampirrolle aus Twilight gelöst und glänzt als
geheimnisvoller, charmanter und gut gelaunter Sidekick. Und stiehlt dabei Hauptdarsteller
John David Washington fast jede Szene. Kenneth Branagh als Bösewicht und
russischer Oligarch ist großartig. Jedoch auch seiner Figur fehlen nachvollziehbare
Motive, die ganze Welt vernichten zu wollen.
Ohne gute
Geschichte und ohne Charaktere, mit denen sich der Zuseher emotional verbinden
kann, verpuffen letztlich die besten visuellen Effekte und Schauwerte. So
konsequent Nolan in seiner realistischen Umsetzung auch ist.
Der
Regisseur lässt eine echte Boing 747 in einem Hangar explodieren und verzichtet
dabei auf digitale Effekte. Für die Entwicklung der Geschichte war die Szene
nicht notwendig und wirkte somit ähnlich aufgesetzt wie das komplizierte
Zeitreise-Konstrukt.
Tenet ist visuell beeindruckend, hat
großartige Schauwerte und atemberaubende Actionszenen. Und ich bedauere keine
Sekunde, den Film im Kino gesehen zu haben. Denn das Kino braucht große und
laute Filme – und vor allem Regisseure wie Christopher Nolan, welche noch etwas
wagen.
Somit
verdient der Film auch – trotz meiner kritischen Zeilen – eine Sichtung im
Kino.
Die Euphorie der internationalen Medien und die zeitweisen philosophischen Ergüsse, sich dieses Werk zurecht zu biegen, sind zum Schmunzeln. Und sicherlich dem Umstand geschuldet, dass derzeit kein anderer „großer“ Film startet und Tenet die „Rettung des Kinos“ umgeschnallt wird. Keine Sorge, Das „Kino“ lebt und noch viele gute Filme werden folgen.
Tenet kriegt von mir * * * 1/2 von fünf Zeitkreisel
Andi Bauer
Fantastische Darstellung mit tollen vergleichen zu anderen Film. Cool.
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