Elvis back in Memphis
„I had to leave town for a little while“
So
lautet die erste brillante Zeile von „Elvis in Memphis“. Freilich, eine
schamlose Untertreibung. Die LP hatte Elvis Presley im Jahre 1969 in seiner
Heimatstadt Memphis aufgenommen. 14 Jahre war er nicht mehr „zuhause“. 1955
verließ Elvis Memphis um die „Gospel des Rock N`Roll“ zu globalisieren und eine
Weltkarriere zu starten, die heute seinesgleichen sucht.
Ende
der 60er schien die Karriere von Elvis dem Ende zuzugehen. Er hatte keine Hits
mehr und sein gnadenloser Manager, Col. Parker, nötigte ihn, einen schlechten
Film nach dem anderen zu drehen. In bis zu drei Filmen im Jahr spielte Elvis.
Dazu Plattenaufnahmen und TV-Auftritte, jedoch nur in den USA. Schon zu dieser
Zeit war es ein inniger Wunsch von Elvis, in Europa zu touren. Dies wurde vom
Colonel blockiert. Der Zeitplan in Hollywood war zu eng. Ende 1968 sollte Elvis
eine TV-Show für NBC zu machen. Col. Parker wollte, dass Elvis
Weichnachts-Schnulzen singt.
Elvis
hingegen zwängte sich in einen schwarzen Lederanzug, setzte sich mit seiner
Band im Kreis auf und spielte vor einem kleinen Publikum seine alten Hits mit einem
Feuer, das ihm niemand mehr zugetraut hatte. Der Auftritt wurde im TV
übertragen und ging als Comeback-Special in die Pop-Geschichte ein. Befeuert
vom Erfolg und seiner neu gewonnen Kreativität, reiste Elvis im Jänner 1969
nach Memphis, um in den zu dieser Zeit angesagten „American-Studios“
aufzunehmen. Von 1968 bis 1972 war Studio-Boss und Produzent Lincoln „Chips“
Moman mit seiner Hausband „The Memphis Boys“ tonangebend. Die größten Stars dieser
Zeit gaben sich die Studioklinke in die Hand.
So
geschah das kleine Wunder, dass Elvis in seiner alten Heimat seine erste
Soul-Platte einspielte. Und es wurde ein Fest. Nie klang er seelenvoller und
mehr bei sich als auf den Aufnahmen, die zwischen Jänner und Februar 1969 entstanden.
Man höre nur wie sich Elvis bei True Love Travels on a Gravel Road in
das Lied wirft. Ohne erkennbar Mühe sing er die hohen Töne, als ob er über den
Noten schweben würde. Das Lied wandelt sich von einer Country-Soul-Ballade zu
einem zu einem jubilierenden Gospel.
True Love Travels On a Gravel Road - YouTube
Das Album
Elvis in Memphis klingt wie aus einem Guss. Es darf an dieser Stelle
behauptet werden, dass es wohl die einzige Elvis-LP ist, welche keine schwachen
Songs oder Füller hat. Selbst das überragende Debüt Album von 1956 hat
Schwachstellen.
Begleitend
zu dem hervorragenden „Memphis-Album“ begeisterten die Singles, welche aus
diesen Aufnahmen stammen und bis 1970 die Charts beherrschten. Das fiebrige
Eifersuchtsdrama Suspicous Minds ist möglicherweise seine beste Aufnahme.
In the Ghetto, sein erster Ausflug in das sozialkritische Fach. Damals
für den Künstler ein großer Schritt. Die Plattenfirma wollte anfangs die Single
nicht veröffentlichen, da man fürchtete, das Publikum mit dem Thema zu
überfordern. Bisher gab es bei Elvis nur die „Liebe“, „Country“ und „den lieben
Gott“ als Inhalte zur Musik.
Nebst
anderer tollen Songs sei noch der fantastische Soul-Stampfer Rubberneckin‘
erwähnt und die hymnische Ballade Kentucky Rain – alles Hits.
Elvis
war in dieser Zeit an seinem stimmlichen und kreativen Höhepunkt.
Ist
es Pflicht, diese Platte zu haben. JA, nebst all den anderen Platten, die der
ehemalige Lastwagenfahrer aus Tupelo veröffentlicht hat. Lester Bangs hat es
nach dem Tod des King in einem Satz zusammengefasst:
„We will never agree on anything, as we agreed on
Elvis“
Andi Bauer
Wearin' That Loved On Look - YouTube
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